Bundesbündnis Bodenschutz zu Logistik-Plänen

Klimaschutz und Gerechtigkeit beginnen vor unserer Haustür
 
Wortlaut des Communiqués des Bundesbündnisses Bodenschutz vom 28.1.2021

Die jüngste Wendung in der Auseinandersetzung um das Interkommunale Gewerbegebiet Limes (alias Logistikpark Frankfurt Nord-Ost alias Log-Tech-Center Rhein-Main Ost) zeigt einmal mehr, wie falsche Prioritäten zu falschen Entscheidungen führen, wenn mündige BürgerInnen die Wege der Lokalpolitik nicht wachsam genug begleiten.

Erst 24, dann 27, dann über 50 ha bestes Ackerland, bis dato Vorranggebiet für Grundwasserbildung, Klimaschutz und Landwirtschaft, werden Stück für Stück drangegeben, um gewaltige Logistikhallen in die bislang dörflich geprägte Wetterauer Landschaft zwischen Hammersbach und Limeshain zu betonieren. Noch immer wird in Deutschland mehr als doppelt so viel Fläche verbraucht, wie in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung für 2020 vorgesehen war. Am Beispiel des Gewerbegebietes Limes lässt sich besonders gut verdeutlichen, was hier möglicherweise ganz grundsätzlich falsch läuft.

Falsche Gründe führen zu falschen Entscheidungen
Es führt eine gerade Linie von heute oft leer stehenden Betonkisten, für die in den 60er- und 70er Jahren historische Bausubstanz in den Ortsmitten weichen musste, über die zur Verödung innerörtlicher Lagen beitragenden Einkaufszentren auf der ‚grünen Wiese’ bis zu den Riesenhallen auf Wetterauer Lössböden und anderswo: Standard-Argumente für bauliche Grausamkeiten waren und sind Arbeitsplätze, Fortschritt, Steuereinnahmen.
Doch schon finanziell geht diese Rechnung nicht auf, wie zuletzt der Ökonom Dr. Thilo Sekol vorrechnete: Von einer Million Euro Gewerbesteuereinnahmen aus einem neu entwickelten Gewerbegebiet verbleiben im Schnitt gerade mal 112.000 € im Gemeindesäckel*. Und gerade die Arbeitsplätze in der Logistik sind überdurchschnittlich oft schlecht bezahlt und massiv von galoppierender Automatisierung bedroht. Hieraus macht auch Lothar Klemm (SPD), Aufsichtsrats-Chef beim Limes-Hauptinvestor Dietz AG, keinen Hehl: Er sieht seine hoch automatisierten ‚Log-Tech-Center‘ als ‚Basis für zukunftsfähigen online-Handel‘ (Hanauer Anzeiger vom 15.7.20).

Vage Hoffnungen auf der Haben-, harte Fakten auf der Soll-Seite
Auch wenn Klemm, früher mal hessischer Wirtschaftsminister, die SPD-Bürgermeister der dörflichen Gemeinden Hammersbach und Limeshain und ihren FW-Kollegen aus Büdingen mit in leuchtenden Farben geschilderten Aussichten auf eine prominente Zukunft als Logistik-Hotspot gewinnen konnte. Auch, wenn der Wachstumsdruck der aus allen Nähten platzenden Metropole Frankfurt am Main über den Regionalverband Linderung auf dem Lande sucht: Was gegen die Raumnot im Zentrum des Ballungsraums gut sein mag, ist es für die dann betroffenen Gemeinden und ihre Bewohner noch längst nicht.

Die Gutachten über deren Belastung sind im Fall ‚Limes‘ uralt und gehen nicht von 50 ha ‚Logistikpark‘ aus, sondern von einem gemischten 24-ha-Gewerbegebiet. Fragen nach konkreten Einkünften und Belastungen können die in trauter Eintracht mit dem Investor auftretenden Zweckverbands-Bürgermeister regelmäßig nicht beantworten. Die Folgen allerdings sind für jedermann und -frau schon jetzt unübersehbar: Nach Starkregen überflutete Anbauflächen des benachbarten Biobauernhofes, weil Regenwasser nicht mehr versickern kann. Eine Flut zu jeder Tages- und Nachtzeit durch enge benachbarte Ortschaften irrender 40-Tonner, weil es keine wirksame Verkehrsführung gibt. Müll- und Fäkalienhalden rund um die infrastrukturell heillos unterversorgte erste Logistikhalle, weil es kaum Santäranlagen gibt. Wild parkende PKW und LKW, weil kaum reguläre Parkflächen vorgesehen wurden. Lärm- und Lichtbelästigung der benachbarten Wohngebiete, weil keine Schutzmaßnahmen erfolgten. Vergeudete Klimaschutz-Chancen, weil dem Investor keinerlei Auflagen gemacht wurden. Abgewanderte Rotmilane, weil nun große Teile ihres Jagdgebietes versiegelt sind. Verschwundene Nachtigallen entlang des benachbarten historischen ‚Alten Friedberger Weges‘, weil der 24/7 betriebene ‚Logistikpark’ mit seinem Namensbestandteil ‚Park‘ das Offensichtliche verhöhnt. Ein um seine Grunderwerbs-Steuer gebrachter Fiskus, weil Dietz schon die erste Halle sofort nach Inbetriebnahme per steueroptimiertem Share-Deal zu Geld machte.

All das sind erst die Folgen einer einzigen in Betrieb genommenen Halle – von Zweckverband und Investor gewollt waren vier oder fünf. Gegen solche Pläne laufen BürgerInnen Sturm – und mit ihnen Naturschutzverbände, Landwirte, Kirchen und Parteien.

Neue Töne im Vorfeld der Kommunalwahlen
Gaben sich die Befürworter der Logistikpläne bislang noch hartleibig und haben kaum je ein Ohr oder gar ein gutes Wort für ihre Kritiker gefunden, kam nun erste Bewegung auf. Sei es aufgrund der bevorstehenden Kommunalwahlen; sei es, wie die Frankfurter Rundschau vernahm, mangelnde Nachfrage nach der vierten und/oder fünften Halle – Verbandsvorsteher Göllner deutet nun laut Hanauer Anzeiger an, sich für den Fall einer Osterweiterung des Gewerbegebietes dort auch anderes als neue Logistikhallen vorstellen zu können. Verbindlich ist das indes noch nicht. Und die geplante (noch nicht genehmigte, aber laut Zweckverbands-Mitteilung schon mal vermietete) Riesenhalle 3 in der geplanten Westerweiterung soll Dietz allerdings nach wie vor bauen dürfen.

Grund genug für die Unterzeichner, hier nochmals ihre gemeinsamen Standpunkte zusammenzufassen:
Maßlosen Flächenfraß stoppen
Bundesweit 170.000 ha bestehende Brachen und Altflächen nutzen
Gezielt bestehende und ausgewiesene Baugebiete nachverdichten
Ortskerne durch Einzelhandel und Dienstleitungsbetriebe wiederbeleben
Wertvolle Ackerböden erhalten
Grundwasserbildung und -Speicherfähigkeit erhalten
Priorität des Schutzes von Landschaft, Natur, Klima und Lebensraum
Keine weiteren Logistikhallen im Gewerbegebiet Limes!

Ingrid Hagenbruch, Rechtsanwältin
im Namen aller Bündnismitglieder

und besonders
BUND Kreisverband Wetterau, BUND Ortsverbände Altenstadt/Limeshain/Glauburg, Büdingen | B90/Grüne Hammersbach und Limeshain | BI SchatzBoden | NABU Kreisverband Wetterau | Naturland e.V. Hessen

Spendenaufruf zum Bodenschutz

Die BI SchatzBoden ist Mitglied im Bundesbündnis Bodenschutz. Hier vernetzen verschiedene Organisationen und Bürgerinitiativen ihr Engagement für einen achtsameren und wertschätzenderen Umgang mit der ebenso wichtigen wie oft unterschätzten Ressource ‚Boden‘.

Die Gründer um die Weinheimer Rechtsanwältin Ingrid Hagenbruch haben in kürzester Zeit mit viel Engagement bemerkenswertes geleistet. Nun braucht es Unterstützung und Mittel, um die Arbeit weiterentwickeln zu können. Hier ein Spendenaufruf, den wir gern unterstützen:

Liebe Bodenschützerinnen und Bodenschützer des Bundesbündnisses,

während und nach Corona wird die Klimakatastrophe weitergehen. Was müssen wir tun, um trotz Corona-Krise unsere anderen wesentlichen Themen nicht aus den Augen zu verlieren? Zum Beispiel den Schutz der Böden vor unseren Türen, die uns ernähren können und sollen?

Bei vielen von uns herrscht zur Zeit eine tiefe Angst, wie groß die Zahl der Opfer der Corona-Epidemie wird und ob unsere Gesellschaft die Auswirkungen der Krise bewältigen kann. Zu dieser Angst ist jetzt etwas Hoffnung hinzugekommen, dass die Epidemie kontrollierbar erscheint. Was dabei sehr deutlich wird: Das Entscheidende ist die Veränderung sozialer Verhaltensformen. Dass Menschen trotz radikaler Einschränkungen solidarisch und konstruktiv bleiben, gibt uns Hoffnung.

Was wir auch sehen: Die Sicht auf viele Dinge und die Dinge selbst werden sich ändern:

Der Philosoph Slavo Zizek dazu: „Wir werden durch Corona unsere gesamte Einstellung gegenüber dem Leben anpassen – im Sinne unserer Existenz als Lebewesen inmitten anderer Lebensformen.”

Wir als Bodenschützerinnen und Bodenschützer wissen, wie entscheidend  Äcker, Grünland und Naturräume für unsere Existenz sind. Langfristig ist die Klimakatastrophe für die Menschheit sicherlich gefährlicher als jedes Virus. Und es gilt, weiter an der Sicherstellung der Lebensmittelversorgung zu arbeiten. Beides sind zentrale Aspekte von Bodenschutz – auch und gerade jetzt. 

So schrecklich die Corona-Krise ist, sie wird auch dazu führen, die Auseinandersetzung mit dem Anpassungsprozess intensiver, konsequenter und mit mehr Menschen zu führen. Dazu trägt auch unser Bundesbündnis Bodenschutz bei.

Die Aufgaben des Bündnisses sind jedoch nicht ohne finanzielle Ausstattung zu leisten.

Lassen Sie uns hierfür unser Bündnis möglichst gut aufstellen, damit die zentrale Arbeit der Initiatorin Ingrid Hagenbruch und der anderen Aktiven für die gemeinsame Sache weiterhin viele gute Ergebnisse erzielt. Dazu gehört, dass zumindest die Sachkosten für diese Arbeit von uns allen gedeckt werden und dies nicht noch an unseren Aktiven hängen bleibt. Das wird auf Dauer nicht gehen.

Wir wollen, sobald das möglich wird, ein Treffen mit Vertretern aller Bündnismitglieder durchführen, um die weitere Arbeit zu besprechen. Ohne Geld wird auch das nicht möglich sein.

Das Bundesbündnis bittet daher daher um Ihre Spende auf  folgende Konten:

Volksbank Kurpfalz e.G., IBAN DE63 6729 0100 6066 2562 09, Kennwort: Bodenbündnis

Für steuerlich absetzbare Spenden bitten wir um Überweisung an:

BUND, Volksbank Weinheim, IBAN DE42 6709 2300 0002 2672 09, Kennwort: Bodenbündnis