Was wird aus der Skandal-Halle Drei?


Nun wurde bestätigt, was zuvor nur gerüchteweise aus dem Umfeld des Regionalverbands zu vernehmen war: Die Hammersbacher Koalition aus CDU und Grünen führt seit Dezember 2022 hinter verschlossenen Türen konkrete Gespräche über eine Inbetriebnahme der 3. Dietz-Riesenhalle. Die allerdings ist, u.a. laut zwei Eilurteilen des höchsten hessischen Verwaltungsgerichtes zugunsten des BUND und der Gemeinde, unter fragwürdigen Umständen errichtet worden. Ermöglicht wurde der Bau letztlich von Michael Göllner, ZWIGL-Vorsteher und Bürgermeister in Hammersbach. Der hatte eine rechtliche Überprüfung des Vorhabens mit seinem Einspruch zunächst verhindert. Auch damit handelte Göllner lt. Urteil – mal wieder – rechtswidrig. Und Göllners Lieblingsinvestor, die Dietz AG unter Parteifreund Klemm, nutzte die so gewonnene Zeit, um in Windeseile Fakten in die Landschaft zu betonieren.

Nun schlagen die Wellen hoch. Denn für viele ist kaum vorstellbar, dass die Hammersbacher Koalition am Ende die von Investor und ZWIGL-Vorsteher herbeigetrickste dritte Monsterhalle abnicken könnte, nachdem man doch juristisch klar auf der Erfolgsspur unterwegs ist. Mehr noch: Sowohl in der Kommunal- wie auch in der Bürgermeisterwahl hatten CDU und Grüne mit einem klaren Votum gegen weitere Logistikhallen am Limes beachtlich gepunktet. Und in der Folge gegen einen von Fehlleistung zu Fehlleistung stolpernden Logistik-Bürgermeister Göllner bemerkenswerte Erfolge errungen. Viele BürgerInnen reagieren nun irritiert, frustriert, ja wütend auf die Zeitungsberichte über die laufenden Gespräche. Denn dort stand zu lesen, dass die Koalition nicht etwa mit der eigenen Wahlkampfaussage, sondern mit dem Ziel der Hallenfraktion in die Verhandlungen starte: Es gehe darum, jene 3. Halle in Betrieb zu nehmen, gegen die auch CDU und Grüne in Hammersbach bis vor wenigen Monaten noch leidenschaftlich und mit viel Engagement gerungen hatten. Verkehrte Welt?

Weitere Details sorgen für Kopfschütteln: Die Verhandlungsführer der Koalition hatten weder die eigenen Fraktionen noch die bisherigen Mitstreiter über die Tatsache der geführten Gespräche informiert. Das darf selbst dann als exotisch gelten, wenn man – warum auch immer – Vertraulichkeit im Hinblick auf die Gesprächsinhalte vereinbart.

Als Vermittler suchten die Koalitionäre sich ausgerechnet einen Herrn aus, der von jedem Verdacht der Neutralität frei ist. Als Vorstandsmitglied im ‚House of Logistics and Mobility e.V.‘ ist CDU-MdL Heiko Kasseckert der Branche als Lobbyist verpflichtet. Das scheint doch ein wenig, als würde man auf den Wolf als Vermittler bei Gesprächen mit den sieben Geißlein vertrauen. Rund um das Gewerbegebiet kennt man Herrn Kasseckert von Fototerminen mit Göllner, Dietz + Co und als Verfasser denkwürdiger Kolumnen, in welchen er u.a. die Klimadiskussion als ‚hysterisch‘ bezeichnet.

Was, so fragt man sich, ist da bloß schiefgelaufen? Dass die Dietz AG weiter mit allen Mitteln versucht, ihre dritte Goldgrube am Limes durchzudrücken, überrascht niemanden. Dass die Firma Hager, die ihr neues Logistikzentrum am Limes einrichten (und dafür Arbeitsplätze im strukturschwachen Saarland abbauen) möchte, ihre Umzugspläne umsetzen will, versteht sich auch von selbst. Was aber die Hammersbacher Koalition antreibt, bleibt uns rätselhaft – besonders im Fall der Grünen. Denn während die CDU sich ‚nur‘ fragen lassen muss, wie biegsam ihre Haltungen sind, steht für die Grünen nicht weniger als die politische Existenzberechtigung auf dem Spiel. Denn die Partei hält hier allem Anschein nach das Gegenteil dessen für möglich, für was man sie gewählt hat. Und dass ‚Restflächen‘ im Schatten der Monsterhallen ‚ökologisch aufgewertet‘ werden sollen, wird ihre WählerInnen angesichts der Dimensionen vielleicht nicht überzeugen können.

Die breite Koalition der Hallenkritiker stand bisher gemeinsam für einen Kompromiss, der allen Interessen gerecht werden sollte: Die – von vielen als schmerzhaft empfundenen – Hallen 1 und 2 dienten dem Regionalverband, der Logistikbranche und dem Investor. Ein Verzicht auf die Osterweiterung diente dem Natur- und Landschaftsschutz. Und eine ohne dritte Halle kleinteilige, umweltverträgliche Entwicklung der Westerweiterung diente dem regionalen Gewerbe und Handwerk. Dafür haben sich AnwohnerInnen, Naturschutzverbände, Kirchen, Bauern und BI gemeinsam stark gemacht. In Limeshain und Hammersbach gründeten sich Ortsverbände der Grünen, die – in Hammersbach gemeinsam mit der CDU – dasselbe Ziel verkündeten wie auch in Büdingen: Keine Halle 3.

Und nun? Noch könnte es sein, dass die Presseberichte, in welchen Herr Kasseckert sich landauf, landab im Landtagswahljahr als ‚Retter der Halle 3‘ loben lässt, ein Missverständnis sind. Dass CDU und Grüne nicht mit den Forderungen der Gegenseite in Verhandlungen gehen, sondern mit den eigenen. Denn gegen Gespräche ist ja grundsätzlich nichts zu sagen – so lange sie nicht heimlich geführt werden. Und nicht jene Ziele negieren, mit welchen man in den Wahlkampf zog.